Interview vom 15.12.2023 mit Frau Jana Schildknecht, Investor Relations
Inhaltsverzeichnis
Über Deutz
Deutz ist der Allgemeinheit vor allem im Bereich Traktoren ein Begriff – Deutz macht jedoch viel mehr als nur das. Bitte geben Sie uns einen kurzen Einblick über Ihr Unternehmen, Ihre Produkte und den wichtigsten Kennzahlen.
DEUTZ ist heute einer der weltweit führenden Hersteller von Antriebssystemen für den Off-Highway-Bereich. Unsere Kernkompetenzen liegen in der Entwicklung, der Produktion und dem Vertrieb von Antriebslösungen für Anwendungen abseits der Straße im Leistungsbereich bis 620 kW.
Unser gegenwärtiges Portfolio reicht dabei von Diesel- und Gas- über E- bis hin zu wasserstoffbasierten Antrieben für unter anderem Bau- und Landmaschinen, Material-Handling-Anwendungen wie Gabelstapler oder Hebebühnen sowie Nutz- und Schienenfahrzeuge. Darüber hinaus bieten wir in mehr als 130 Ländern ein umfassendes Angebot an Serviceleistungen, welches ca. 25% unseres Umsatzes ausmacht.
Wettbewerbliches Umfeld
Wie nehmen Sie Ihre Wettbewerber und das gesamte Umfeld der Branche wahr? (Stichwort „competetive landscape“)
Der Markt der unabhängigen Motorenhersteller ist recht übersichtlich. Hauptwettbewerber sind Cummins und Perkins aus den USA sowie Kubota aus Japan. Lediglich Cummins ist ein vollkommen unabhängiger Motorenanbieter, der allerdings 80% seines Geschäfts im Truckmarkt macht, in dem DEUTZ nicht aktiv ist.
Kubota baut selbst Baumaschinen und Traktoren und ist damit Wettbewerber für einen Teil seiner Kunden. Perkins gehört zum US-Amerikanischen Landtechnikkonzern John Deere. Global sind wir aktuell die #4 mit einem Marktanteil von 7-8 %.
In den nächsten Jahren erwarten wir eine Konsolidierung auf dem klassischen Motorenmarkt, bei der wir eine aktive Rolle spielen wollen. Ein erster wichtiger Schritt war in diesem Zusammenhang die im Januar dieses Jahres geschlossene Kooperation mit Daimler Truck. Ganz aktuell haben wir zudem eine grundsätzliche Einigung mit dem Rolls-Royce-Geschäftsbereich Power Systems über die Übernahme der Vertriebs- und Serviceaktivitäten von diversen Industriemotoren erzielt.
Vorbehaltlich einer finalen Vereinbarung übernehmen wir damit, neben dem Vertrieb der mtu-Classic-Baureihe (ältere Daimler Truck Motoren der Baureihen OM900 & OM460), bereits ab Mitte 2024 den Vertrieb für die Off-Highway-Varianten der Daimler Truck MDEG- und HDEP-Motorenplattformen. Somit können wir unseren Kunden diese Motoren deutlich früher anbieten.
Bis 2030 wollen wir zu den Top 3 der unabhängigen Motorenhersteller gehören.
E-Mobilität und Wasserstoff
Wie gut sind Sie im Bereich E-Mobilität aufgestellt, und wie schätzen Sie die Marktchancen von elektrifizierten Off-Highway-Anwendungen im Kerngeschäft von Deutz ein?
Elektrofahrzeuge spielen eine große Rolle im Pkw-Bereich, im Nutzfahrzeugbereich sind jedoch verschiedene Technologieoptionen für den dauerhaften Einsatz nötig. Besonders für schwere Maschinen, die ständig im Einsatz sind und große Lasten bewegen, ist die reine Elektrifizierung herausfordernd – aus diesem Grund verfolgen wir einen technologieoffenen Ansatz.
Bis zu einer Leistung von ca. 100 kW sind e-Antriebe durchaus vorstellbar, sofern die erforderliche Ladeinfrastruktur vorhanden ist. Bei großen Landmaschinen, die heute von einem 500 kW Diesel angetrieben werden, wird bei aktuellem Stand der Technik jedoch eine 25 Tonnen schwere Batterie benötigt, um dieselbe Leistung vorhalten zu können. Da ist eine Elektrifizierung auf Jahrzehnte nicht in Sicht. Wir setzen aus diesem Grund hier auf unseren Wasserstoffverbrennungsmotor und eFuels wie HVO.
Umsatzwachstum
Die Umsätze sind von 1,30 Mrd. EUR im Jahr 2020 auf 1,62 Mrd. EUR (2021) und 1,95 Mrd. EUR (2022) angestiegen. War das nur ein Nachholeffekt vom Corona-Einbruch, oder rechnen Sie weiter mit konstantem Wachstum auf ähnlich hohem Niveau?
Von 2019 auf 2020 ist der Umsatz durch die Corona-Pandemie um fast 30% eingebrochen. Die beiden Jahre nach Corona sind sicherlich stark durch Nachholeffekte geprägt worden. Unsere Endmärkte profitieren von globalen Wachstumstrends wie Bevölkerungswachstum, Urbanisierung, der Energiewende, aber auch in der Lagerlogistik und dem weiteren Anstieg des E-Commerce. Wir rechnen daher mit einem durchschnittlichen jährlichen organischen Wachstum, das leicht über dem globalen BSP liegt.
Auswirkungen der hohen Zinsen
Aufgrund Inflation und hoher Zinsen werden weltweit Investitionen aufgeschoben und reduziert. Wie sehr nehmen Sie einen Nachfragerückgang wahr?
Unser Auftragseingang liegt nach 9 Monaten knapp 6% unter Vorjahr. Das heißt, wir spüren einen Rückgang in der Nachfrage, was aus unserer Sicht aber eher eine Normalisierung und Anpassung des Orderverhaltens ist. Die Lieferketten haben sich stabilisiert und so können die Kunden deutlich kurzfristiger ordern, als sie es noch vor einem Jahr getan haben. Nichtsdestotrotz sind wir flexibel aufgestellt, um bei einem stärkeren Rückgang des Geschäfts schnell reagieren zu können. So ist der Aufbau der dritten Schicht im Bereich der <4L-Motoren im Sommer ausschließlich über Zeitarbeitskräfte erfolgt. Unsere Guidance für das kommende Jahr geben wir mit unserem Geschäftsbericht für 2023 am 19. März 2024 heraus.
Ziele und Visionen bei Deutz
Was sind Ihre Ziele und Visionen in den kommenden Jahren?
Unser übergeordnetes Ziel ist es, uns dauerhaft unter den Top 3 der unabhängigen Motorenherstellern zu etablieren und bis spätestens 2050 ein vollständig klimaneutrales Produkt- und Technologieportfolio anzubieten, das auch unsere Kunden befähigt, die eigenen Klimaziele zu erreichen. Unsere Mittelfristguidance sieht vor, dass wir bis 2025 einen Umsatz von über 2,5 Mrd. € mit einer EBIT-Marge vor Sondereffekten zwischen 6 und 7 % erzielen.
Künstliche Intelligenz
Die künstliche Intelligenz ist seit Jahresbeginn in aller Munde. Gibt es auch bei Deutz Bereiche, die von KI profitieren?
Wir beobachten die Trends, haben in diesem Bereich aber aktuell noch keine nennenswerten Aktivitäten.
Zukünftige Herausforderungen
Welche zukünftigen Herausforderungen sehen Sie in der Branche und wie plant Deutz, diese anzugehen?
Eine der zukünftigen Herausforderungen wird die Umgestaltung der Mobilität. Eine enorme Aufgabe, in der wir gleichzeitig jedoch eine wirtschaftliche Chance für uns sehen. Dafür nutzen wir unsere Innovationskraft und verfolgen verschiedene Ansätze, bei denen wir mit unserer Erfahrung aus fast 160 Jahren Motorenentwicklung einen Vorsprung haben. Das zeigt der Ottomotor genauso wie der Wasserstoffmotor, bei dem wir als eines der ersten Unternehmen mit der Serienproduktion starten werden. Allein wird allerdings kein Unternehmen diese Aufgabe lösen. Deshalb setzen wir auf Kooperationen und Partnerschaften innerhalb des Ökosystems und nutzen unsere langjährigen Beziehungen als Lieferant verschiedener Industrien.
Bewertung der Deutz-Aktie
Zu allerletzt: Der Aktienkurs hat in den letzten Monaten stark gelitten. Finden Sie den Aktienkurs derzeit fair bewertet?
Wir werden aktuell (Stand 08.12.23) mit einem EV/EBIT von 5,8 sowie einem PE von 6,8 – jeweils für 2024 – gehandelt. Damit betragen die Abschläge ggü. den einschlägigen Peergroups 20-40%. Mit unserer „Dual+“-Strategie – aktive Konsolidierung und Performancesteigerung im klassischen Motorengeschäft und dem Ausbau der alternativen Antriebsaktivitäten im Green Segment – sollten wir in den nächsten Jahren Umsatz und Ergebnis weiter steigern können. Damit sehen wir uns sehr gut aufgestellt, um unseren Investoren eine kontinuierlich steigende Dividende zahlen zu können. Wenn uns das gelingt, sollte der Abschlag zur Peergroup entsprechend geringer werden.
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